Dracula und andere Blutsauger

Vampir-Geschichten einst und jetzt

 

Um Leben und Tod ging es in der 4. Lesekostprobe...

Vampire haben die Menschen schon immer in ihren Bann geschlagen. Noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden Fälle von (angeblichem) Vampirismus ernst genommen. Gräber wurden geöffnet, auf seltsame Weise unverweste Körper untersucht und voll von Blut gefunden. Nach dem Sezieren der Leichen wurden allen solchermaßen "Infizierten" der Kopf abgeschlagen, und die Körper wurden verbrannt. Nachdem man im späteren 18. Jahrhundert begann, solche Geschehnisse als Unsinn abzutun, konnte der Vampir zum Thema der Literatur werden. Lord Byrons Arzt John Polidori schrieb 1816 mit "The Vampyre" die erste, zudem sehr erfolgreiche Geschichte eines neuen Genres. Seitdem hat jede Zeit ihre Version eines Vampirs hervorgebracht: das Fin de siècle Bram Stokers "Dracula" (1897), das späte 20. Jahrhundert Anne Rice' verführerisches Vampirpaar Louis und Lestat (und eine ganze Reihe weiterer nicht immer nur düsterer Gestalten), unser jetziges Jahrzehnt das von Stephenie Meyer sprichwörtlich erträumte, ungleiche Paar Edward (den Vampir) und Bella (die zumeist recht Sterbliche).

Philip Burne-Jones, The Vampire, 1896
Wunsch- und v.a. Angstbild des Mannes im späten 19. Jahrhundert:
Die Frau als sexuell aktives und so über den (schwachen) Mann triumphierendes Wesen...

In Vampirgeschichten geht es um das Beißen, um tödliche Küsse. So sind sie durchdrungen von Erotik - einem Eros, der den Tod (Thanatos) als Gefährten hat. Goethe wusste das in "Die Braut von Korinth" darzustellen, obwohl er das "Kind" noch nicht beim Namen nennt. Hermann Löns bietet Jahrzehnte später mit "Der Vampir" eine Variante des Stoffes an. Beide Male bringt die Liebe zu einer Toten dem Mann selbst den Tod. Gleichzeitig wird in Vampirgeschichten aber gerade der Tod überwunden. Nicht nur dass Vampire unsterblich sind, oft werden die Menschen, die sie begehren, ebenfalls zu Unsterblichen gemacht. Liebe und Leben über den Tod hinaus und das v.a. mit dem geliebten Wesen... Das will sogar die Schülerin Bella zu ihrem Schulabschluss - kein trivialer Wunsch in einer mit Moralfragen und philosophischen Diskursen durchdrungenen Geschichte. Nur selten klingt die letzte aller Fragen an: Was fängt man denn mit all der Zeit an, wenn man ewig lebt?

Edvard Munch, Der Vampir, 1893-94
Noch ein typisches Bild des sog. Fin de siècle:
Die Frau als vampirisiernde, dem Mann die Kaft aussaugende Femme fatale...

Dass man das Thema auch mit einem Augenzwinkern angehen kann, bewiesen die drei Vortragenden, die am Freitag, den Dreizehnten, als "Ladies in black" erschienen. Von links nach rechts: Juliane Herberg, Christine Fößmeier und Anna Böffgen.

Fotos der Vortragenden von Günther Strehle

 

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